Dienstag, 25. Oktober 2005

Montag, 24.10.2005

Bin jetzt seit ca. einer Woche hier. Gleich gehe ich zum TFT und starte meinen ersten Arbeitstag. Arbeitszeiten sind immer von 9 bis 5, eine Stunde Mittag. Sharon hat mir erzählt, dass die Arbeit hier sehr stark „laid back“ ist, also locker und entspannt. Wenn man möchte, kann man auch von 8 bis 4 machen und so eine Stunde länger am Nachmittag haben. Mal schauen.
Es ist recht frisch hier. Selbst ich habe manchmal kalte Füße. Bis jetzt habe ich nicht so viel unternommen. War mit meinem Rad mal unterwegs und habe rudimentär die Gegend erkundet. Ich hoffe, dass ich auf der Arbeit ein paar Leute in meinem Alter kennen lerne, um mit denen was zu unternehmen. Hier in der Nähe gibt es ein Bowlingcenter, da würde ich gerne mal hin.
Diese erste Woche hier war recht teuer. Habe mir einen Bass gekauft, einen Washburn 5-Saiter in schwarz (Washburn Bantam Series XB 125). Nettes Teil, Humbucker, aktive Elektronik. Hat einen sehr hohen Output, musste am Pod XT schwer runterregeln damit kein Clipping auftrat.
Ausserdem hab ich mir ein Mountainbike gekauft. Zwar hatte Sharon noch ein altes, verrostetes Rennrad in der Ecke, welches ich für lau hätte haben können, aber es ist hoffnungslos zu klein für mich. Und da das Fahrrad mein einziges Transportmittel ist, habe ich lieber was Geld investiert und mir ein Vernünftiges gekauft.
Bin mal gespannt, was mich gleich am CSIRO erwartet. Das CSIRO (Commonwealth Scientific Industrial Research Organisation) forscht auf allen möglichen Bereichen der Technik und hat zum Ziel, das Leben der australischen Bürger zu verbessern sowie die Industrie zu fördern. Hier in Geelong ist das CSIRO Textile and Fibre Technology, der Zweig für die Textilforschung. Das ITA, an dem ich in Aachen studiere, hat Kontakte hier hin und fast jedes Jahr ist ein Student aus Aachen hier, um eine Studienarbeit zu schreiben.

{später am Tage}

Jo ! Der erste Arbeitstag war sehr entspannt. Bin den ganzen Tag lang Leuten vorgestellt und sehr herzlich empfangen worden. Man wird sehr offen begrüßt, das nimmt einem wirklich die Berührungsängste.
Mein Betreuer Richard hat mir eine Sicherheitseinweisung gegeben. Feuerlöscher, Erste Hilfe Kästen, Löschdecken, Fluchtwege, etc. Ich musste tausend Formulare unterschreiben... eines dabei war so dämlich aufgebaut, dass ich auf einer Seite 13 (dreizehn) Unterschriften zu leisten hatte. Musste jeweils quittieren dass ich nun weiss wo der Feuerlöscher ist, wie die Fluchtwege funktionieren, daß ich meine Finger nicht in drehende Maschinen halte... Bürokratie ist eben international.

Heute Abend habe ich an einem Hash Run teilgenommen. Das ist was ganz Verrücktes: Eine Mischung aus Laufen und Saufen.
Eine Gruppe Leute trifft sich jeden Montag und veranstaltet ein Querfeldein-Rennen. Ein Mitglied gibt jeweils den Gastgeber und markiert die Route (ca. eine Stunde laufen) mit Kreide und stellt sein Haus bzw. Garten sowie Essen zur Verfügung. Die Gruppe läuft dann los. An manchen Stellen zeigen die Markierungen in mehrere Richtungen, und man muss per Trial and Error herausfinden, welcher Weg der richtige ist. So wird erreicht, dass die langsamen Läufer nicht ewig weit hinten dran bleiben und die Gruppe mehr oder weniger geschlossen ist. Ein Fredi der mitläuft hat eine Trompete, mit der er den Leuten weiter hinten den richtigen Weg weist. So dödelt man dann durch die Stadt, Feld, Wald und Wiesen (die heutige Strecke führte in Schlangenlinien ca. fünfmal über einen Bach...). Nach dem Lauf trifft man sich im Haus des Gastgebers. Dort wird gegessen und dann gesoffen. Unter großem Gegröhle (in Deutschland hätten die Nachbarn schon längst die Polizei gerufen) werden kleine Missgeschicke und andere Vorwände dazu missbraucht, die einzelnen Läufer mit Bier abzufüllen. Das Glas muss in einem Zug geleert werden. Man darf vorher absetzen, muss das Bier dann aber über den Kopf wegschütten. So kann man seine Mitmenschen schön ärgern. Jeder Grund, weshalb einer saufen muss („Charge“), wird penibel protokolliert. Die haben sogar eigene gebundene Bücher mit Aufdruck, in welche die Einträge gemacht werden ! Ich, als Erstläufer („Virgin“) wurde natürlich auch gecharget. Aber, so roh es auch zugehen mag, man hat akzeptiert dass ich keinen Alkohol trinke und mit Cola eingeschenkt. Keine einzige Silbe von wegen „Du musst jetzt aber Bier trinken, komm schon...“. A propos roh: Rülpsen, möglichst laut, gehört zum guten Ton nachdem man den Becher geleert hat. Auch für die Frauen, die eifrig mitbölken. Ich wusste das zu dem Zeitpunkt nicht, denn die Virgins werden zuerst gecharget. Hätte ich das gewusst hätte ich den Aussies die Ohren weggerülpst. Naja, nächste Woche.

Der erste Tag in Australien, Mittwoch, 19.10.2005

Arbeiten muss ich diese Woche noch nicht. Ich soll die Tage nutzen, um mich zu akklimatisieren, einzuleben und den Jetlag loszuwerden.
Sharon fährt mich in die Stadt zum Einkaufen, denn ich brauche Lebensmittel und Ein par Klamottenn, mein Rucksack ist ja immer noch nicht da.
Wir fahren zu einem Shopping Centre und ich decke mich mit dem Nötigsten ein. Ausserdem besorge ich mir eine australische Handynummer von Vodafone. Bitte schreibt mir eine email, wenn ihr sie haben wollt, ich möchte sie hier nicht ins Netz stellen.
Sharon zeigt mir ein wenig Geelong. Sehr groß ist es nicht, aber recht nett. Schachbrettartiges Stadtlayout, flache Häuser, die nicht mehrstöckig sind... und dann – Hallelujah ! – ich habe einen Musikladen ausgemacht und werde ihn morgen mal frequentieren. Ich habe nur den Bass Pod XT (Effektgerät für Bass) und Kabel mitgenommen, das Instrument konnte ich nicht mitnehmen. Zu schwer, zu groß, zu teuer.

Sharon hat einen Kleinen Hund, Lily. Lily ist klein und zottelig und wirklich sehr süß. Kommt dauernd an und will gekrault werden und schmusen. Sehr neugierig, sie kommt oft in mein Zimmer und schaut was ich so gerade mache.

Ich glaube, dass ich noch gar nichts über meine Wohnung gesagt habt. Es ist ein typisch australisches kleines Häuschen. Nur eine Etage, kein Keller. Es sieht von außen aus wie Holz, ist in Wirklichkeit aber eine Kunststoffverschalung. Leichte Bauweise. Mein Zimmer ist ca. 16 qm groß, mit einem sehr geräumigen Kleiderschrank. Dann eine Kommode, ein Stuhl, ein Sessel und ein Bett. Das Fenster ist schön groß. Es geht zur Straße, die ist aber sehr ruhig. No more Pariser Ring !!! Am Boden liegt ein Teppich mit einem Blumenmuster, welches wohl den.... britischen Sinn für Ästhetik anspricht.

Es gibt hier unheimlich viele Vögel, die Luft ist erfüllt von einem ewigen Gezwitscher. Leider sind ein paar Vögel dabei, die sehr unschöne Töne produzieren, z.B. ein lautes, hohes Krächzen.

Die Anreise, Montag, 17.10.2005 bis Dienstag, 18.10.2005

Frankfurt Flughafen, Sicherheitskontrolle. Es sind viele Leute da, der Flug nach Bangkok scheint ausgebucht zu sein. Ich nehme schon vor der Kontrolle brav meine ganzen Metallgegenstände vom Körper: Portemonnaie, Handy, Gürtel, Kamera... Der Typ vor mir scheint das nicht so ernst zu nehmen, und so fördert der Sicherheitsbeamte einige Gegenstände zu Tage, bei denen ich mir nicht vorstellen möchte, wozu man sie im Urlaub braucht. Als erstes kommt ein solides Paar Handschellen hervor, aber was für welche. Nicht diese kleinen billigen Teile, sondern richtig fette stählerne Handschellen. Könnten auch Fußfesseln gewesen sein wenn ich jetzt drüber nachdenke... als nächstes eine Rohrzange und weitere Gegenstände, die im Handgepäck nix zu suchen haben. Das fängt ja gut an...
Etwas mulmig ist mir schon, als der Flieger kurz nach 15 Uhr den Frankfurter Boden verlässt. Das wird für ein halbes Jahr das letzte mal sein, dass ich in Deutschland war. Noch nie war ich so lange, und schon gar nicht so weit von Zuhause weg. Ich habe einen Platz in der letzten Reihe am Gang. Das ist auch gut so, denn ich habe zwar nicht so viel Beinfreiheit wie ich bräuchte, aber doch noch mehr als befürchtet. Am Gang kann ich so meine Beine wenigstens ein wenig ausstrecken.
Im Bordkino laufen Batman Begins, Guess Who und Krieg der Welten. Lustig ist, dass der Film „Krieg der Welten“ anfängt, als das Hörspiel „Krieg der Welten“ auf meinem Handy gerade fertig ist.
Um 22:40 deutscher Zeit sind wir über Nordindien. Es ist dunkel und der Vollmond leuchtet. Ganz Nordindien scheint eine gigantische Reisplantage zu sein, denn das Mondlicht spiegelt sich die ganze Zeit am Boden. In der Ferne ist ein Gewitter, Blitze zucken. Ab und zu wackelt der Jumbo ganz heftig. Wenn ich dann aus dem Halbschlaf aufschrecke, denke ich im ersten Moment, in einem Regionalexpress der DB zu sitzen. Schliesslich fliegen wir ziemlich nah am Gewitter vorbei. Dauernd leuchten draussen Blitze auf. Mein Gedanke ist „hmm... gemütlich !“. Anscheinend habe ich als Maschi schon ein so solides Technikvertrauen, dass mir Gewitter und Wackelei im Flieger überhaupt keine Angst machen.

Frühstück gab es um Mitternacht deutscher Zeit, für meinen Organismus recht ungewöhnlich. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass der Job der FlugbegleiteriINNEN zu 90 % nur darin besteht, die Meute mit Futter und Trinken zu versorgen. Dauernd läuft jemand vorbei und bietet Getränke an.
Bangkok ist Deutschland 5 Stunden voraus, um 01:15 deutscher Zeit landen wir. Es ist hier gerade 06:15.

Das Durchchecken bereitet keinerlei Probleme. Erneute Sicherheitskontrollen, Bordkarten vorzeigen, warten. Bin aber mal gespannt, ob mein Gepäck auch in Melbourne ankommt. Beim einchecken in Frankfurt wurde mir gesagt, es würde direkt an das nächste Flugzeug gehen, ich bin gespannt.
(Kurioses Detail im Rande: Ich notiere den Reiseverlauf auf meinem PDA. Warum in aller Welt schlägt das Programm, immer wenn ich „nicht“ schreiben möchte, das Wort „Nichtangriffspakt“ vor ???)
Bizarr: in der Wartehalle von Bangkok läuft gerade eine Doku über den Zweiten Weltkrieg im Pazifik. Als ich dazu komme, werden gerade Bilder von Kamikaze-Angriffen gezeigt. Nicht sehr beruhigend, wenn man gerade dabei ist, ein Flugzeug zu besteigen ;-)

Im Flieger nach Melbourne muss ich mir als Erstes ein dickes Grinsen verkneifen. Eine der Thailändischen Stewardessen heisst „Pornpimol“. Ohje, das hat in der Jugend unter Umständen viele böse Witze gegeben.

Nach einigen Stunden Flug erreichen wir den australischen Kontinent. Ein Blick auf die Karte im Bordkino zeigt, dass die Australier beim Benennen von Landesteilen und Regionen sehr pragmatisch sind. Der Westen Australiens heisst „Western Australia“, der Süden „South Australia“ und, mein persönlicher Lieblingsname, „Great Sandy Desert“ für eine, ja, große, sandige Wüste im Herzen des Kontinents.

Zwischenlandung in Sidney, ich muss den Flieger schon wieder verlassen, weil er gereinigt wird. Nach einer weiteren knappen Stunde Flug landen wir in Melbourne. Der Zoll und die Einreisebehörde bereiten keine Probleme. Die Ernüchterung kommt am Gepäckband. Mein Koffer mit der Elektronik ist recht schnell da, mein Rucksack mit all meiner Kleidung lässt auf sich warten. Und warten. Und warten. Und am Ende stehen nur noch ich und ein Ehepaar am Gepäckband und schauen blöd aus der Wäsche. Ein Mitarbeiter des Flughafens nimmt auf, was ich vermisse. Na prima, 30 Stunden mit allem drum und dran unterwegs und am Ende hab ich nicht einmal frische Kleidung . Aber nutzt nix, ich will endlich in ein Bett.
Ich bin heilfroh, dass der Fahrer, der vom TFT (meinem Arbeitgeber) geschickt wurde, so lange gewartet hat. Die Fahrt dauerte ca. eine Stunde.

Endlich angekommen ! Meine Mitbewohnerin Sharon hatte schon geschlafen, sorry ! Wolllte auch früher da sein...

Meine neue Wohnung wirkt auf den ersten Blick nicht sehr wie Zuhause, aber ich denke, dass das normal ist. Mit einem etwas eigenartigen Gefühl und ohne frische Klamotten schlafe ich ein. Es ist hier halb drei morgens, zehn Stunden weiter als Deutschland.

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