Geelong National Wool Museum
Heute gibt es mal was ganz Ungewöhnliches für dieses Blog: Heute könnt ihr was lernen ! Vorhang auf für die australische Sesamstraße...
Gestern war ich im Geelong National Wool Museum. Geelong war lange Zeit eines der Hauptzentren des australischen Wollhandels, mit großen Wollauktionen und einer gigantischen Infrastruktur wie Lagerhallen, durch welche die Züge mit den Wollballen fahren und direkt beladen werden konnten.
Wie es sich herausstellte, hatte ich den besten Tag des Jahres gewählt, um ins Museum zu gehen: Es war Promotional Day, und der Eintritt war frei. Ausserdem gab es viele Aktivitäten, die es an einem normalen Museumstag nicht gibt. Neben Clowns, welche die Kinder bespaßten, gab es u.a. eine Schafschur - Demonstration. Doch dazu erst später mehr, erst möchte ich euch eine Maschine vorstellen.
Es handelt sich um einen Teppichwebstuhl.

Dieses Maschinchen webt vollautomatisch Teppiche. Vorne seht ihr den fertigen Teppich aus der Maschine laufen. Oben im Bild sind Lochkarten zu sehen. Mit ihnen können die Muster einprogrammiert werden.
Zum Weben generell:
Ein Gewebe entsteht durch das rechtwinklige Überkreuzen von Fadensystemen. Die in Produktionsrichtung laufenden Fäden heissen "Kettfäden". Auf der ganzen Warenbreite sind also mehrere tausend Kettfäden nebeneinander. Man kann nun diese Fäden nach oben oder unten ziehen, dadurch entsteht, wenn man von der Seite schaut, ein sog. "Fach". In dieses Fach wird der Schussfaden eingetragen. Das Riet schlägt den Schussfaden dicht an die Warenkante, so dass ein schön dichtes Gewebe entsteht. Dann werden die Kettfäden bewegt und sie halten den Schussfaden in Produktion. In das neu entstandene Fach wird der nächste Schuss eingetragen, anschlagen, Kettfäden bewegen usw.
Je nachdem, welche Kettfäden auf und ab bewegt werden, entsteht ein anderes Muster. Die Lochkarten oben im Bild steuern die Kettfadenbewegung und somit das Muster.
Jetzt gucken wir mal hinter die Maschine, denn irgendwo müssen die Kettfäden ja herkommen.

Hier sieht man ein sog. Spulengatter. Die Spulen mit den Kettfäden sind auf dieses Gatter aufgesteckt und laufen nach links zur Maschine. Dies ist eine Möglichkeit, die allerdings recht platzraubend ist. Eine andere Möglichkeit ist das Wickeln aller Kettfäden parallel zueinander auf eine Walze, den sog. Kettbaum.
Wie man sehen kann, ist die maximale Länge an Gewebe, die man auf einmal produzieren kann, von der Länge des Kettfadenvorrats abhängig. Das Aufspulen auf einen Kettbaum ist teilautomatisiert, beim Aufstecken der Spulen auf das Gatter bin ich mir nicht so sicher. Ich denke, dass die Kettbaumvariante trotz der zusätzlichen Arbeitsschrittes die Geläufigste ist, ich müsste aber erstmal nachlesen, welches Verfahren dominant ist, um ganz sicher zu sein.
Doch bevor man überhaupt einen Teppich weben kann, braucht man Wolle. Und die kommt bekanntermaßen vom -määääh- Schaf ! Die Demonstration der Schur fand in der Lieferanteneinfahrt des Museums statt.

Der Scherer hatte fünf Schafe dabei, jede Stunde wurde eines geschoren.
Zuerst schnappt sich der Scherer ein Schaf und zieht es auf dem Hintern zu sich heran. Dann klemmt er ein Bein des Schafes zwischen seinen Beinen fest . So ist das Schaf hilfos und er kann problemlos mit der Schur beginnen.
Das Fell wird in einem Stück abgeschoren. So können die guten von den schlechten Teilen einfacher getrennt werden.

Ein guter Scherer benötigt pro Schaf 2:12 Minuten. Geschwindigkeit ist wichtig, denn er wird pro Schaf bezahlt, 2,10 AU$. In 8 Stunden kann er so ca. 200 Schafe scheren, dabei erfährt der Scherer eine körperliche Belastung, die mit der von Marathonläufern vergleichbar ist.

Das Foto sieht auf den ersten Blick ein wenig komisch aus. Der größte Teil des Vlies ist schon abgeschoren und nach hinten geklappt worden.
Hier ein Vergleich, wie die Schafe vorher und anchher aussehen:

Es sind übrigens Merino-Schafe, eine Rasse, die ihren Ursprung in Spanien hat. Durch intensive Zucht konnten sehr ergiebige Schafrassen wie die Merinos gezüchtet werden. Was übrigens dazu führt, dass sie geschoren werden müssen. Sie produzieren sonst so viel Wolle, dass sie zu schwer sind und nicht mehr aufstehen können, sollten sie umfallen. Ausserdem können sie sich bei zuviel Wolle am Körper ziemlich eklige Insekten einfangen, die parasitär in der Haut leben. Keine weiteren Ausführungen dazu.
Es gibt neuartige Ansätze, um die Wolle zu ernten. So wird seit einigen Jahren ein Verfahren erprobt, bei dem das Schaf ein paar Enzyme gespritzt kriegt (kein Chemiescheiss, nur Enzyme). Das Fell hört für ca. 18 Stunden auf zu wachsen, dadurch entstehen Schwachstellen und die Fasern brechen einfach ab. Das ist aber noch in der Erprobungsphase.
Nach der Schur wird das ganze Vlies auf einen Tisch gelegt und von einer Person "klassiert". Die Klassierer kriegen mehr Geld als die Scherer, weil sie dafür sorgen, dass Wolle gleicher Qualität auf einen ahufen kommt. Die Wolle vom Bauch und den Füssen ist mit Pflanzen und Matsch verunreinigt, die vom Hintern mit na-ihr-wisst-schon, das Fell auf dem Rücken ist etwas UV-geschädigt. Jede Partie hat also eine andere Qualität und demnach einen anderen Preis.
Ich hoffe, ihr fandet den heutigen Eintrag interessant. Ein letztes Bild, nicht zum Museumsbesuch gehörend, möchte ich nachschieben. Es zeigt einen typischen Abend mit der "Gang".

Der auf dem roten Dings am Boden mit dem Notebook ist Graeme, ihm gehört das Haus. Graeme arbeitet bei einem Internetprovider in Geelong. Der auf dem Sofa links ist Matt, er arbeitet bei einer Firma in Melbourne, die Bauprojekte betreut. Matt fährt raus auf die Baustelle, schaut sich an was gemacht wurde, und rechnet aus, wieviel Geld die Handwerker kriegen. Er rechnet einem auch aus, wieviel das Traumhaus kostet oder wieviel Traumhaus man für sein Geld kriegt ;-) .
Der, den man nur von hinten ist, ist Jason )"dutch bitch"). Jason wohnt nicht bei uns, aber er hängt öfters bei uns rum.
Ich hoffe, es hat euch gefallen, bis bald !
Gestern war ich im Geelong National Wool Museum. Geelong war lange Zeit eines der Hauptzentren des australischen Wollhandels, mit großen Wollauktionen und einer gigantischen Infrastruktur wie Lagerhallen, durch welche die Züge mit den Wollballen fahren und direkt beladen werden konnten.
Wie es sich herausstellte, hatte ich den besten Tag des Jahres gewählt, um ins Museum zu gehen: Es war Promotional Day, und der Eintritt war frei. Ausserdem gab es viele Aktivitäten, die es an einem normalen Museumstag nicht gibt. Neben Clowns, welche die Kinder bespaßten, gab es u.a. eine Schafschur - Demonstration. Doch dazu erst später mehr, erst möchte ich euch eine Maschine vorstellen.
Es handelt sich um einen Teppichwebstuhl.

Dieses Maschinchen webt vollautomatisch Teppiche. Vorne seht ihr den fertigen Teppich aus der Maschine laufen. Oben im Bild sind Lochkarten zu sehen. Mit ihnen können die Muster einprogrammiert werden.
Zum Weben generell:
Ein Gewebe entsteht durch das rechtwinklige Überkreuzen von Fadensystemen. Die in Produktionsrichtung laufenden Fäden heissen "Kettfäden". Auf der ganzen Warenbreite sind also mehrere tausend Kettfäden nebeneinander. Man kann nun diese Fäden nach oben oder unten ziehen, dadurch entsteht, wenn man von der Seite schaut, ein sog. "Fach". In dieses Fach wird der Schussfaden eingetragen. Das Riet schlägt den Schussfaden dicht an die Warenkante, so dass ein schön dichtes Gewebe entsteht. Dann werden die Kettfäden bewegt und sie halten den Schussfaden in Produktion. In das neu entstandene Fach wird der nächste Schuss eingetragen, anschlagen, Kettfäden bewegen usw.
Je nachdem, welche Kettfäden auf und ab bewegt werden, entsteht ein anderes Muster. Die Lochkarten oben im Bild steuern die Kettfadenbewegung und somit das Muster.
Jetzt gucken wir mal hinter die Maschine, denn irgendwo müssen die Kettfäden ja herkommen.

Hier sieht man ein sog. Spulengatter. Die Spulen mit den Kettfäden sind auf dieses Gatter aufgesteckt und laufen nach links zur Maschine. Dies ist eine Möglichkeit, die allerdings recht platzraubend ist. Eine andere Möglichkeit ist das Wickeln aller Kettfäden parallel zueinander auf eine Walze, den sog. Kettbaum.
Wie man sehen kann, ist die maximale Länge an Gewebe, die man auf einmal produzieren kann, von der Länge des Kettfadenvorrats abhängig. Das Aufspulen auf einen Kettbaum ist teilautomatisiert, beim Aufstecken der Spulen auf das Gatter bin ich mir nicht so sicher. Ich denke, dass die Kettbaumvariante trotz der zusätzlichen Arbeitsschrittes die Geläufigste ist, ich müsste aber erstmal nachlesen, welches Verfahren dominant ist, um ganz sicher zu sein.
Doch bevor man überhaupt einen Teppich weben kann, braucht man Wolle. Und die kommt bekanntermaßen vom -määääh- Schaf ! Die Demonstration der Schur fand in der Lieferanteneinfahrt des Museums statt.

Der Scherer hatte fünf Schafe dabei, jede Stunde wurde eines geschoren.
Zuerst schnappt sich der Scherer ein Schaf und zieht es auf dem Hintern zu sich heran. Dann klemmt er ein Bein des Schafes zwischen seinen Beinen fest . So ist das Schaf hilfos und er kann problemlos mit der Schur beginnen.
Das Fell wird in einem Stück abgeschoren. So können die guten von den schlechten Teilen einfacher getrennt werden.

Ein guter Scherer benötigt pro Schaf 2:12 Minuten. Geschwindigkeit ist wichtig, denn er wird pro Schaf bezahlt, 2,10 AU$. In 8 Stunden kann er so ca. 200 Schafe scheren, dabei erfährt der Scherer eine körperliche Belastung, die mit der von Marathonläufern vergleichbar ist.

Das Foto sieht auf den ersten Blick ein wenig komisch aus. Der größte Teil des Vlies ist schon abgeschoren und nach hinten geklappt worden.
Hier ein Vergleich, wie die Schafe vorher und anchher aussehen:

Es sind übrigens Merino-Schafe, eine Rasse, die ihren Ursprung in Spanien hat. Durch intensive Zucht konnten sehr ergiebige Schafrassen wie die Merinos gezüchtet werden. Was übrigens dazu führt, dass sie geschoren werden müssen. Sie produzieren sonst so viel Wolle, dass sie zu schwer sind und nicht mehr aufstehen können, sollten sie umfallen. Ausserdem können sie sich bei zuviel Wolle am Körper ziemlich eklige Insekten einfangen, die parasitär in der Haut leben. Keine weiteren Ausführungen dazu.
Es gibt neuartige Ansätze, um die Wolle zu ernten. So wird seit einigen Jahren ein Verfahren erprobt, bei dem das Schaf ein paar Enzyme gespritzt kriegt (kein Chemiescheiss, nur Enzyme). Das Fell hört für ca. 18 Stunden auf zu wachsen, dadurch entstehen Schwachstellen und die Fasern brechen einfach ab. Das ist aber noch in der Erprobungsphase.
Nach der Schur wird das ganze Vlies auf einen Tisch gelegt und von einer Person "klassiert". Die Klassierer kriegen mehr Geld als die Scherer, weil sie dafür sorgen, dass Wolle gleicher Qualität auf einen ahufen kommt. Die Wolle vom Bauch und den Füssen ist mit Pflanzen und Matsch verunreinigt, die vom Hintern mit na-ihr-wisst-schon, das Fell auf dem Rücken ist etwas UV-geschädigt. Jede Partie hat also eine andere Qualität und demnach einen anderen Preis.
Ich hoffe, ihr fandet den heutigen Eintrag interessant. Ein letztes Bild, nicht zum Museumsbesuch gehörend, möchte ich nachschieben. Es zeigt einen typischen Abend mit der "Gang".

Der auf dem roten Dings am Boden mit dem Notebook ist Graeme, ihm gehört das Haus. Graeme arbeitet bei einem Internetprovider in Geelong. Der auf dem Sofa links ist Matt, er arbeitet bei einer Firma in Melbourne, die Bauprojekte betreut. Matt fährt raus auf die Baustelle, schaut sich an was gemacht wurde, und rechnet aus, wieviel Geld die Handwerker kriegen. Er rechnet einem auch aus, wieviel das Traumhaus kostet oder wieviel Traumhaus man für sein Geld kriegt ;-) .
Der, den man nur von hinten ist, ist Jason )"dutch bitch"). Jason wohnt nicht bei uns, aber er hängt öfters bei uns rum.
Ich hoffe, es hat euch gefallen, bis bald !
chickenhawk - 29. Jan, 04:40
Nils (Gast) - 2. Feb, 04:57
Ja, das war mal informativ! Danke! Ich wollte sagen, du kennst dich ja echt damit aus, aber dann fiel mir ein daß das sicher doof kommt, schließlich studierst du's ja... ;)
antworten
chickenhawk - 2. Feb, 05:10
Da hast Du recht. Es liess sich leider nicht vermeiden, dass nach 4 Semestern Hauptstudium ein wenig hängen geblieben ist... ich habs versucht, aber das ist aussichtslos ;-)